Lost Places und Dark Places üben auf viele Menschen eine besondere Faszination aus. Ich bin bisher immer nur aus Zufall, meist beim Wandern, an einem Lost Place vorbeigekommen.
Anders meine Kollegin Dagmar Macêdo: Sie hat sich gezielt auf die Suche nach mysteriösen Orten in ihrer Heimat gemacht und ein ganzes Buch darüber geschrieben. Es heißt „Lost & Dark Places Ostwestfalen-Lippe“. Im Interview erzählt Dagmar mir, was es mit diesen geheimen Plätzen auf sich hat und wie man sich dort verhalten sollte. Und am Ende des Interviews gibt es ein Gewinnspiel!
Dagmar Macêdo, Autorin des Buches „Lost & Dark Places Ostwestfalen-Lippe“. (Foto: Martina Klein)
Liebe Dagmar, erkläre unseren Lesern doch erst einmal: Was genau sind eigentlich Lost Places?
Wenn man es direkt übersetzt, sind Lost Places einfach „verlorengegangene Orte“. Diese Orte sind meist verlassen, oft hat dort tatsächlich irgendwann mal jemand gewohnt oder gearbeitet. Ein Lost Place kann zum Beispiel eine Industrieruine oder ein Privathaus sein. Oder es sind Gebäude, die nie fertig gebaut wurden, zum Beispiel weil sich jemand verspekuliert hat. Manche Lost Places sind auch bei der Allgemeinheit in Vergessenheit geraten, obwohl sie früher vielleicht einmal sehr bekannt waren.
Und wie unterscheiden sich Lost Places von Dark Places?
Dark Places sind Orte, die eine dunkle Geschichte haben. Beispielsweise ist dort irgendwann einmal ein Mord passiert oder eine andere entsetzliche Tat. Manche Dark Places sind mit einer Sage oder einer Legende verknüpft. Oft weiß keiner mehr, wo genau die Geschichte eigentlich herkommt, die über den Ort erzählt wird. Das Besondere an Dark Places: Viele Menschen haben an diesen Orten irgendwie ein ungutes Gefühl. Auch mir ging es so: Als mein Mann und ich für die Recherche meines Wanderführers „Komm, lass uns wandern“ unterwegs waren, haben wir uns verlaufen. Plötzlich stießen wir im Wald auf eine verlassene Kapelle. Dort herrschte eine ganz komische Atmosphäre. Normalerweise wären wir neugierig zu der Kapelle gegangen und hätten uns umgeschaut. Hier hatten wir aber ein seltsames Gefühl und sind lieber weitergegangen. Der Kapelle habe ich dann im Buch „Lost & Dark Places Ostwestfalen-Lippe“ ein eigenes Kapitel gewidmet.
Dark Places verursachen bei vielen Menschen irgendwie ein ungutes Gefühl.
Gibt es in Ostwestfalen-Lippe besonders viele dieser Lost und Dark Places?
Ich habe in der Region über 70 Lost Places gefunden und habe dann 33 für mein Buch ausgewählt. Ich denke, es gibt noch viel mehr solcher Orte in Richtung Ostdeutschland, einfach weil durch die Geschichte der Teilung des Landes und der Wiedervereinigung viele Orte verlassen worden sind.
Wenn man sich für das Thema Lost Places interessiert: Wie findet man solche Orte? Wo kann man nach ihnen recherchieren?
Ich habe einige Lost Places zufällig beim Wandern in meiner Heimat entdeckt. Andere Plätze haben mir Freunde und Bekannte verraten. Außerdem habe ich viel im Internet recherchiert. Es gibt eine ganze Szene zu dem Thema Lost Places: Urban Explorer, kurz Urbexer, nennt sich die Community, die sich damit beschäftigt, Ruinen oder andere Lost Places zu entdecken. In der Regel verraten sie die konkrete Lage der Orte aber nicht. Ich selber bin auch schon angefeindet worden, dass ich in meinem Buch die Lagebeschreibung der Orte nenne. Allerdings verrate ich keine Orte, die nicht schon mal irgendwo in den Medien genannt wurden.
Warum?
Wenn ein bisher unbekannter Lost Place bekannt wird, ist es oft so, dass viele Leute ihn sich anschauen wollen. Leider gibt es Menschen, die nichts Besseres zu tun haben, als solche Orte kaputtzumachen. Sie sprayen Graffiti an die Wände oder zerstören auf andere Weise die Gegend.
Das Schwimmbad im Sanatorium Ernstmeier in Bünde ist Opfer von Vandalismus geworden. (Foto, ebenso wie Titelfoto: Dagmar Macêdo)
Was sind Deine Tipps, wie man Lost Places am besten bewahren kann?
Man sollte die verlassenen Orte mit Respekt behandeln, denn sie erzählen alle eine Geschichte. Mein wichtigster Rat: Hinterlasse immer alles so, wie du es vorfindest. Und: Die Gebäude gehören in der Regel noch jemandem, auch wenn er oder sie sich nicht mehr darum kümmert. Wenn man also dort einbricht, begeht man Hausfriedensbruch. Besser ist es, sich das Gebäude nur von außen oder durch ein Fenster anzusehen.
Dagmars weitere Tipps zum Verhalten an Lost Places
- Nimm Deinen Müll wieder mit nach Hause.
- Entferne nichts von einem Lost Place. Wenn sich in einem Haus zum Beispiel ein paar alte Schuhe befinden, sollte man sie stehenlassen und sich freuen, dass man Teil der Geschichte geworden ist, weil man einen Blick hineinwerfen durfte.
- Niemals rauchen! Alte Materialien können schnell Feuer fangen.
- Auch wenn der Zutritt legal ist: Geh nicht allein in ein altes Gebäude. Wände und Decken können morsch sein und einstürzen.
Wie hast Du mehr über die Geschichten hinter den Lost und Dark Places herausgefunden?
Das war klassische Recherche. Ich habe viel Zeit in Stadt- und Landesarchiven verbracht und in sehr alten Unterlagen gewühlt. Ich habe mit Heimatvereinen zusammengearbeitet, die mir Einblicke in alte Schriftstücke gewährt haben. Einige Informationen habe ich aus der Zeitung. Vor allem habe ich alles geprüft, was in den Foren über Lost und Dark Places erzählt wird. Bei der Recherche merkt man oft: Informationen werden immer weitergereicht, und irgendwann verwässert sich das Wissen, wie beim Spiel „Stille Post“. Ich habe mich bemüht, möglichst genau zu recherchieren. Bei einigen Plätzen bin ich allerdings bei der Sage geblieben, die sie umgibt, und habe nicht weiter versucht, die Wahrheit herauszufinden.
Die Schokoladenfabrik in Bad Oeynhausen-Rehme hat schon süßere Zeiten gesehen. (Foto: Dagmar Macêdo)
Was fasziniert Dich am meisten an diesen speziellen Orten?
Am meisten fasziniert mich das persönliche Schicksal, das oft hinter den Geschichten der Orte steckt. An Plätzen, die heute kaputt und verlassen sind, haben irgendwann Menschen gelebt und gewirkt. Vielleicht ist dort ein Mord passiert, und eine Familie oder ein ganzes Dorf hatte jahrzehntelang daran zu tragen, und ganz viele Schicksale hingen daran.
Gibt es einen Platz in Deinem Buch, der Dich besonders ergriffen hat?
Ja, den gibt es tatsächlich. Und zwar ist das ein Ort, den ich schon aus meiner eigenen Kindheit kannte, aber völlig vergessen hatte: ein ehemaliger Freizeitpark. Als ich die Treppenstufen im Wald hinunterging und den kleinen Märchenbrunnen sah, habe ich mich wieder erinnert, dass ich dort als Kind gewesen bin. Da sind während des Schreibens und Recherchierens ganz viele Erinnerungen hochgekommen. Aus meinem Buch ist dieser Freizeitpark mein Lieblingsplatz.
Vielen Dank für die Einblicke, liebe Dagmar!
Gewinnspiel „Lost & Dark Places Ostwestfalen-Lippe“
Hast du Lust bekommen, selber auf die Spuren verlorengangener Orte zu gehen? Ich verlose ein Exemplar von Dagmar Macêdos „Lost & Dark Places Ostwestfalen-Lippe“. Um in den Lostopf zu gelangen, brauchst du nur einen Kommentar unter diesem Beitrag zu hinterlassen, warum du Lost oder Dark Places spannend findest. Unter allen, die bis zum 15. Januar 2024 diesen Beitrag kommentieren, wird der Gewinner durch Losverfahren ermittelt und per E-Mail benachrichtigt.
Die Teilnahmebedingungen für das Gewinnspiel:
- Zu gewinnen gibt es einen Reiseführer „Lost & Dark Places Ostwestfalen-Lippe““ aus dem Bruckmann Verlag.
- In den Lostopf kommen alle, die einen Kommentar unter diesem Artikel hinterlassen, warum sie Lost oder Dark Places spannend finden.
- Das Gewinnspiel dauert bis zum 15. Januar 2024, 24:00 Uhr. Anschließend wird der Gewinner per Losverfahren ermittelt und per E-Mail benachrichtigt.
- Der/die Gewinner/in hat bis zum 20. Januar 2024 Zeit, mir seine/ihre Postadresse für den Versand des Buches zukommen zu lassen. Sollte sich der Gewinner bis dahin nicht gemeldet haben, wird ein neuer Gewinner gezogen.
- Bitte unbedingt beim Kommentar eine gültige E-Mail-Adresse angeben! Die E-Mail-Adresse wird nur im Rahmen des Gewinnspiels zur Benachrichtigung des Gewinners verwendet und für keinerlei andere Zwecke.
- Die Adresse des Gewinners wird nur für den Versand des Gewinns verwendet und für keinerlei andere Zwecke.
- Der Teilnehmer erklärt sich damit einverstanden, dass sein Name im Fall des Gewinns auf der Website ferngeweht.de veröffentlicht wird.
- Eine Barauszahlung des Gewinns ist ausgeschlossen.
- Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
„Lost & Dark Places Schweizer Alpen“
Übrigens: Mein Bloggerkollege Oliver Zwahlen von
www.weltreiseforum.com hat ebenfalls verlorene Plätze besucht – und zwar in der Schweiz. Sein Buch heißt
„Lost & Dark Places Schweizer Alpen“.
Mir hat Oliver seinen Lieblingsplatz verraten: „Mein liebster Schweizer Lost Place befindet sich genau genommen gar nicht mehr in der Schweiz, sondern etwa fünf Meter hinter der Grenze zu Italien. Es handelt sich dabei um ein ehemaliges Kurhotel, das vor etwa 70 Jahren von einer Lawine zerstört wurde. Wie durch ein Wunder haben dabei aber die alten Thermalbäder im Keller überlebt, und auch heute noch kann man im warmen Wasser baden. In der abgelegenen Bergwelt einfach nur magisch.“
Wow, Dark Places habe ich ja noch nie gehört, trotz, dass ich relativ viel Lost Places fotografieren. Danke für den Tipp :-)
Liebe Sabine,
vielen Dank für die tolle Empfehlung und das interessante Interview. Besonders interessant finde ich die Unterscheidung zwischen Lost Places, die verlassene Orte beschreiben, und Dark Places, die eine düstere Geschichte mit sich tragen.
Der persönlicher Bezug zu einigen Orten, besonders zu dem ehemaligen Freizeitpark aus der Kindheit, verleiht dem Buch sicherlich eine besondere Note. Ich freue mich darauf, mehr über die verlorenen und dunklen Orte in Ostwestfalen-Lippe zu erfahren.
Genau mein Thema! In der Region war ich aber tatsächlich noch so gar nicht. Wird notiert!
Hallo Sabine,
ich finde Lost Places total spannend. Sich vorzustellen, wie der Ort mal gewesen ist, als er lebend war.
Von Dark Places höre ich zum ersten Mal.
Wenn ich so in mich reinhorche, finde ich das schon ziemlich gruselig. Jetzt gerade geht meine Fantasie mit mir durch. Warum auch immer kam mir gerade der Kannibale von Rotenburg in den Sinn. Ich möchte gar nicht weiter denken. Neee, ich glaube, Dark Places sind nichts für mich.
Herzliche Grüße aus Malaysia
Annik
Ich finde Lost Places sehr faszinierend. Noch dazu diesen einen, den die Autorin persönlich kannte, als er noch kein Lost Place war. Schade finde ich es, wenn dann Leute diese Plätze zerstören oder besprayen…
Liebe Sabine, ich finde Lost Places mega faszinierend und bin sooo gespannt auf dein Buch! Es zu gewinnen wäre ein Träumchen
Lg Tina
Sehr cool! Ich bin auch ein großer Fan von Lost oder Dark Places. Ja, irgendwie sind die immer spooky, aber sie erzählen auch Geschichten. Die Beelitzer Heilstätten wären ja dann auch ein Dadrk Place, weil dort Menschen an TBC gestorben sind und es irgendwann auch eine Mord gegeben haben soll. Angeblich soll es deshalb bis heute spuken. LG, Nadine
Lost Places haben und faszinieren mich bis heute. Wenn ich überlege, wie viele Kilometer ich früher in mehr als 4 Jahren unterwegs war… Ich liebe es einfach drin rum zu laufen, zu stöbern.
Liebe Sabine, wir sind große Fans von Lost und Dark Places und da liest man so ein Interview natürlich mit Spannung. Gut finden wir, dass die Autorin auch Wert auf eine gewisse Lost-Place-Etikette legt. Uns verzaubert insbesondere die Melancholie, die über solchen Orten liegt. Da tun sich viele Fragen auf: Was ist hier einst passiert? Welche Menschen lebten hier? Und warum wird ein Ort überhaupt zum Lost Place? Dies haben wir uns immer wieder bei vielen Lost Places in Tschechien gefragt, die oftmals mit der Vertreibung der Sudetendeutschen zusammenhängen. Ganze Dörfer wurden dort zu Lost Places. Dankeschön und viele Grüße, Michael
Ich liebe Lost Places, aber der Begriff Dark Places war mir völlig unbekannt. Danke für das schöne Interview und dass ich auch direkt geklärt bekomme, was der Unterschied zwischen den Begriffen ist. Merci.
Ach ja: Frohes Neues!
Bisher bin ich nur an wenigen Lost Places vorbei gekommen. Ich finde sie oft bedrückend. Mir geht das Schicksal zu nahe. Aber andererseits haben sie natürlich ihren Reiz.
Spannendes Interview auf jeden Fall.
Liebe Grüße und gutes, neues Jahr
Liane
Ein toller Beitrag zu diesem spannenden Buch. Mir gefallen Lost Places, weil ich sie so eine melancholische Traurigkeit verbreiten. Zumindest bei mir ist das das vorherrschende Gefühl. Sie sind ein Zeichen dafür, dass manches nie mehr wiederkommt, aber auch dafür, dass die Zeit lehrt, loszulassen. Dass man loslassen, weitergehen muss, wenn es weitergehen soll. Es sind inspirierende Orte voller Poesie für Dichter, Denker und Fotografen.
Hallo und frohes Neues Jahr!
Ich persönlich finde Lost Places meist eher gruselig, aber mein Mann liebt es, dort Fotos zu machen. Lost Places führen einem den (auch eigenen?) Verfall vor Augen.
Viele Grüße,
die Alex