Ich fotografiere auf Reisen sehr gern, wie du wahrscheinlich schon gemerkt hast. Allerdings zögere ich immer noch oft, wenn es darum geht, Fotos von Menschen zu machen. Kennst du das auch? Synke schreibt auf ihrem Fotografie-Reise-Blog Synke unterwegs über ihre Heimat Berlin und ihre Reisen mit Fokus auf Fotografie. In ihrem Gastbeitrag auf Ferngeweht hat sie ein paar gute Tipps für das Fotografieren von Menschen mitgebracht:
Gastautorin Synke
Ich erinnere mich nicht mehr an den genauen Zeitpunkt, aber es war ein großer Fortschritt: der Moment,in dem ich Menschen in meine Reisefotografie einbezog. Was hatte sich verändert?
Früher stand ich schon gern mal etwas länger mit meiner Kamera auf einer Stelle und wartete bis alle Personen ENDLICH aus dem Bild rausliefen. Ich wollte das Haus, die Straße, die Kirche oder den Strand ohne Menschen fotografieren. Heute stehe ich höchstens etwas länger auf einer Stelle, damit mir jemand ins Bild HINEINläuft.
Meistens muss ich allerdings sehr schnell sein: entweder weil ich gern ausgiebig meine Leidenschaft zur Streetphotography auslebe – oder weil ich einen Einheimischen um ein Porträt bitte.
Warum bereichert es deine Reisefotos, wenn du Personen ins Bild holst? Sicher gibt es darauf viele Antworten. Was sind meine wichtigsten Motivationsgründe, mich aus meiner Komfortzone herauszuwagen? Ja, Personen auf deine Fotos zu holen, erfordert am Anfang etwas Mut, aber es lohnt sich!
Leben und Alltagsszenen (Streetphotography)
Die beste Möglichkeit, jemandem das Gefühl von einem Ort zu vermitteln, ist doch, das Leben auf seinen Straßen zu zeigen: Ist es dort betriebsam oder eher ausgestorben? Wie bewegen sich die Menschen in ihrem Umfeld? Wie viel Leben findet auf der Straße statt? Wie arbeiten, essen und amüsieren sich die Menschen?
Streetphotography – zu deutsch Straßenfotografie – ist nicht nur ein ganz eigenes Genre der Fotografie, es erfordert auch Mut. Es gilt, Menschen in Situationen auf der Straße festzuhalten. Ich nutze bei der Streetphotography drei verschiedene Herangehensweisen:
- Schnell sein: Mit der Kamera in der Hand versuche ich, Situationen zu sehen oder vorauszuahnen.
- Abwarten: Manchmal gibt es interessante Plätze, Straßen oder Hauswände, und ich warte, bis etwas Spannendes passiert oder jemand durchs Bild läuft. Klick!
- Zufall: Den gibt es tatsächlich auch. Ich möchte ein Bild ohne Menschen machen, und jemand radelt mir quer durchs Foto.
Wie ich an Streetphotography rangehen, habe ich in einem eigenen Beitrag über Bangkok ausführlicher beschrieben.
Menschen geben Perspektive
Wie lang ist der Strand? Wie hoch ist das Gebäude? Und wie weit ist die Landschaft wirklich? Menschen helfen dem Betrachter, indem sie Perspektive vermitteln. Daher empfehle ich dir, hin und wieder Menschen ins Bild zu holen, um eine Perspektive zu verstärken.
In Kontakt treten mit Porträts
Das Porträt eines Einheimischen zeigt nicht nur ein Stück vom Leben im bereisten Ort oder Land. Es ist auch eine gute Möglichkeit, in Kontakt mit ihm zu kommen. Glaubst du nicht? Probiere es einmal aus.
Selbst in Deutschland, genauer in Berlin, wo jeder auf sein Recht am Bild sehr bedacht ist, habe ich Menschen schon angesprochen. Die Mehrheit von ihnen war sehr offen und hat sogar bereitwillig posiert. In Italien passierte es mir sogar, dass mich eine Truppe von Omis und Opis vor ihren Häusern sitzend aufforderten, sie doch auch bitte mal zu fotografieren.
Selbstporträt nicht vergessen
Du bist auch eine Person und gehörst einfach auf ein paar deiner Fotos. Keine Reise und kein Ausflug sind perfekt, ohne dass du selbst auf einem deiner Bilder auftauchst – allein schon wegen der Erinnerung. Und mal ganz ehrlich: Schaust du dir nicht auch gern Urlaubsbilder von deinen Freunden auf Facebook an, auf denen sie als Person auch mal drauf sind?
Ein paar Tipps und Tricks für Selbstporträts findest du in dem Beitrag „Tipps für das perfekte Selfie auf Reisen“.
Ganz wichtig: Respekt und Übung
Ganz wichtig beim Fotografieren von Menschen – egal ob bei der Streetphotography oder bei Porträts – ist Respekt! Ich halte es so, dass ich keine Bilder in verfänglichen Situationen mache. Würde ich mich so auf einem Foto sehen wollen? Wenn die Antwort auf diese Frage nein ist, lösche ich das Bild. Porträts zeige ich den betreffenden Personen auf meinem Kameradisplay, da bekomme ich ein direktes Feedback. Personen müssen übrigens auch nicht immer erkennbar sein, um deinem Bild das gewisse Extra zu verpassen.
Alle Bilder in diesem Beitrag hat Synke Nepolsky aufgenommen und mir zur Verfügung gestellt. Vielen Dank, liebe Synke, für deine praktischen Tipps zum Fotografieren von Menschen!
Wie hältst du es beim Fotografieren von Personen: Traust du dich, Leute anzusprechen? Holst du dein Teleobjektiv raus? Oder verzichtest du ganz auf Menschen in deinen Bildern? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Veröffentlicht am: 21. Dezember 2015
Nun ja, Menschen zu fotografieren ist laut der neuen EU-Verordnung (DSGVO) nicht mehr so ohne weiteres gestattet oder sogar verboten! Also aufgepasst: vor der Aufnahme ist eine Freigabe/Genehmigung einzuholen, nicht im Nachhinein, es sollte dem „Model“ auch die genaue Verwertung/Verwendung erklärt werden und klar sein. Und wo bitte kann man da noch frei spontane Fotos machen, ich warte bis die Menschen weg sind oder lösche sie später raus. Was hier geschrieben wird geht ja wohl nicht.
Hallo Winfried, die DSGVO hat nichts mit dem Fotografieren von Menschen zu tun. Das Stichwort ist vielmehr Persönlichkeitsrecht, und das gibt es schon viel länger als die DSGVO. Das Persönlichkeitsrecht besagt, dass Bilder von Menschen für den privaten Gebrauch vollkommen in Ordnung sind. Erst wenn die Bilder veröffentlicht werden, muss man sich die Genehmigung dafür einholen. Du darfst also für dein privates Fotoalbum so viele Menschen fotografieren, wie du magst. Höflich ist es natürlich trotzdem, die Fotografierten vorher zu fragen.
Liebe Sabine, liebe Synke,
sehr schöner Beitrag! Respekt aber auch Mut sind in der Reisefotografie meiner Meinung nach das Wichtigste. Die schönsten Portraits habe ich immer dann bekommen, wenn ich die Personen direkt (oder indirekt) um Einverständnis gefragt habe.
Liebe Grüße,
Romeo
Vielen Dank, Romeo. Habe gerade mal bei Euch vorbeigeschaut. Schöne Fotos habt Ihr gemacht :-)