Vier Länder in drei Wochen? In 20 Tagen um die Welt? Das ist alles nichts für mich. Wenn ich auf Reisen gehe, nehme ich mir vor allem eins: Zeit. Zeit, um ein Land besser kennenzulernen als nur auf der Durchreise. Zeit, um auch mal nach rechts und links zu schauen. Zeit zum Durchatmen. Wie halte ich es so mit dem Slow Travelling?
Langsam, aber nicht stehenbleiben
Manche Slow Traveller berichten, dass sie wochenlang an einem Ort bleiben, um die Bewohner und ihre Lebensweise richtig kennenzulernen. Ich gebe zu: Im Schneckentempo bin ich auf Reisen nicht unterwegs. Meist habe ich (nur) vier Wochen Zeit für meine Fernreisen. Und wenn ich schon so weit fliege, möchte ich nicht 28 Tage nur an einem Ort verbringen.
Einfach mal abhängen gehört auf Reisen auch dazu.
Ich beschränke mich bei meinen Reisen immer nur auf ein Land (einzige Ausnahme war ein viertägiger Abstecher nach Kambodscha während einer Thailand-Reise), und selbst das durchfahre ich meist nicht in seiner ganzen Länge und Breite. In Laos zum Beispiel – ohnehin ein Ort, in dem du vom ersten Augenblick an einen Gang zurückschaltest – haben wir uns auf den Norden und den Süden konzentriert. In Namibia haben wir den Süden und den Norden komplett ausgelassen. Und in Südafrika werden wir uns im Sommer auch nur den Nordosten ansehen. In der Regel bleibt meist noch genügend Sehenswertes für eine weitere Reise übrig (wobei ich selten ein Land zweimal bereise, dafür gibt es noch zu viele neue spannende Reiseziele auf de Welt).
Vorankommen und Verweilen
Natürlich lernt man das Leben der Einheimischen am besten kennen, wenn man sich genauso fortbewegt wie sie, also mit Bussen, Bahnen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Für kürzere Strecken bis zu vier, fünf Stunden steige ich auch gern in öffentliche Verkehrsmittel. Aber wenn es zum Beispiel um 18-stündige Nachtfahrten geht oder um einen kompletten Tag in der Bahn, nehme ich doch lieber einen Flieger. Zum einen rauben mir die langen Fahrtzeiten dann doch zuviel meiner kostbaren Reisezeit, zum anderen – und da bin ich ganz offen – bin ich hier im Laufe der Jahre auch bequemer geworden. Mein Rücken und meine Laune danken es mir.
Hier macht langsam reisen Spaß.
Und wenn ich einmal angekommen bin, wie lange bleibe ich dann an einem Ort? Wenn es geht, versuche ich mindestens zwei Nächte zu verweilen, damit ich einen ganzen Tag Zeit habe, um eine Stadt oder eine Gegend zu erkunden. Oft sind es auch mehr Nächte. Auf Gili Air in Indonesien hatten wir zwei Nächte eingeplant – am Ende wurden es fünf, weil wir uns von dieser herrlichen Insel nicht trennen konnten. Die ersten drei Tage in Namibia waren purer Stress, weil wir nur jeweils eine Nacht geblieben sind. Erst bei unserem dritten Stopp mit zwei Übernachtungen konnte ich das erste Mal durchatmen und hatte das Gefühl, angekommen zu sein. Die weitere Tage hatten wir zum Glück sinnvoller geplant.
Auf Internet verzichten
Zum langsamen und damit auch bewussten Reisen gehört für mich, dass mein Smartphone und mein Notebook zu Hause bleiben. Ich weiß, dass ich im Alltag viel zu viel auf Facebook & Co. unterwegs bin. Auf Reisen nehme ich mir bewusst eine Auszeit von den sozialen Medien und dem Internet. Einfach mal im Café sitzen und die Leute boebachten, ohne auf das Display zu starren. Auf Busfahrten aus dem Fenster schauen und die sich verändernde Landschaft genießen. Ohne Musikknopf im Ohr einen Ort mit all seinen Geräuschen erlauschen. All das ist ohne Ablenkung durch das Handy gut machbar.
Kleine Schätze im Vorbeifahren.
Du fragst dich, wie ich mir vor Ort Informationen beschaffe? Indem ich meinen (gedruckten) Reiseführer konsultiere, Einheimische frage oder einfach draufloslaufe, bis ich das Gesuchte gefunden habe – oder ganz woanders lande. Ich muss nicht alles vorplanen, sondern kann gut die Dinge auf mich zukommen lassen und spontan entscheiden, was ich als nächstes machen möchte. Oft ergeben sich daraus die besten Erlebnisse.
Bin ich also ein Slow Traveller?
Wenn es um die Reiseform und das Verweilen geht: Jein. Ich reduziere meine Reisezeit zwischen zwei Zielen, wenn es für mich sinnvoll ist, und bleibe so lange an einem Ort, bis ich das Gefühl habe, alles Sehenswerte entdeckt zu haben. Sicherlich gibt es überall noch mehr zu sehen und man könnte vielerorts länger bleiben. Aber nach einer für mich angemessenen Zeit zieht es mich dann auch weiter.
Wenn man langsam reisen mit bewusstem Reisen gleichsetzt, ist die Antwort auf die Frage nach dem Slow Traveller jeden Fall ein Ja. Ich versuche, an allen Orten, die ich bereise, ganz da zu sein und sie zu genießen statt auf der Suche nach Neuem nur durchzuhetzen. Und wenn mir dadurch etwas anderes entgeht, weil die Zeit bis zur Abreise zu knapp wird, ist das auch okay.
Die ganze Welt kann man in einem Leben ohnehin nicht kennenlernen.
Wie hältst du es mit dem langsamen und bewussten Reisen? Willst du möglichst viel sehen auf einer Reise, oder lässt du es ganz ruhig angehen? Ich bin gespannt auf deinen Kommentar!
Veröffentlicht am: 29. März 2016
So wie du es beschreibst, reise ich auch am liebsten. Und ertappe mich doch immer wieder dabei, zu viel „Programm“ in die Reisetage zu packen. Aber weniger ist mehr, auch beim Reisen. Da arbeite ich noch dran.
Keine Sorge, Antje: Ich arbeite auch noch daran ;-)
„Die ganze Welt kann man in einem Leben sowieso nicht kennenlernen.“ Ein wahres Wort, Sabine. Auch wenn man wollte. Das „bewusste Reisen“ gehört meiner Ansicht nach zum „Slow Travel“ dazu. Und das Gefühl des Angekommen Seins. Das trifft, finde ich, die Sache ziemlich genau. Wir versuchen ja selbst, langsam zu reisen. Das ist nicht immer ganz einfach, weil es eigentlich ein Widerspruch in sich ist: Reisen bedeutet Bewegung, langsam bedeutet Gemächlichkeit.
Danke für Euren denkwürdigen Kommentar, Monika und Petar. Langsam reisen kann man ja fast zu einer Philosophie erheben. Werde gleich mal bei Eurem Beitrag zum Slow Travelling vorbeischauen.